Lagarde im Radiointerview
Die Äußerungen der Präsidentin der Europäischen Zentralbank (EZB), Christine Lagarde, finden an den Finanzmärkten stets große Beachtung – insbesondere in außergewöhnlichen Situationen. Am Vortag äußerte sich Lagarde zur politischen Lage in Frankreich. Hintergrund ist die Ankündigung von Premierminister François Bayrou, am 8. September eine Regierungserklärung mit anschließender Vertrauensabstimmung vorzulegen. Anlass ist der Haushaltsentwurf für 2026, der erhebliche Einsparungen vorsieht. Die Opposition lehnt diese Pläne ab, und da Bayrous Regierung keine eigene Mehrheit in der Nationalversammlung besitzt, wird ein Scheitern der Abstimmung erwartet. Im Falle einer Ablehnung müsste Bayrou laut Verfassung zurücktreten. Präsident Emmanuel Macron stünde dann vor der Entscheidung, entweder einen neuen Premierminister zu ernennen oder Neuwahlen auszurufen.
Lagarde zeigte sich besorgt über die Entwicklungen und erklärte, die Spreads französischer Staatsanleihen genau zu beobachten. Gleichzeitig versuchte sie, die Befürchtungen hinsichtlich einer größeren Krise zu relativieren. Sie verwies darauf, dass französische Banken heute robuster aufgestellt seien als während der letzten Finanzkrise. Gerüchte über ein mögliches Eingreifen des Internationalen Währungsfonds (IWF) wies sie zurück. Bemerkenswert ist, dass Lagarde selbst früher den IWF leitete und zuvor französische Finanzministerin war. Die Unsicherheit an den Märkten dürfte jedoch anhalten, solange keine konkreten Maßnahmen zur Reduzierung des Staatsdefizits von über fünf Prozent erkennbar sind.
Schnabel gegen Zinssenkung
EZB-Direktorin Isabel Schnabel hat sich heute zu einem anderen Themenfeld geäußert und dabei die aktuelle geldpolitische Ausrichtung der Europäischen Zentralbank verteidigt. Ihrer Einschätzung nach besteht derzeit kein Anlass, die bestehende Strategie zu verändern. Besonders betonte Schnabel, dass sie keine Veranlassung für eine Zinssenkung sehe. Die geldpolitischen Maßnahmen der EZB seien ihrer Ansicht nach bereits ausreichend unterstützend ausgestaltet, um den wirtschaftlichen Rahmenbedingungen gerecht zu werden.
Heute Inflation und US-Zahlen
Nachdem der gestrige Feiertag an den US-Börsen für einen eher ruhigen Handelsverlauf gesorgt hat, dürfte es heute wieder lebhafter werden. Es kommen eine Reihe von Zahlen, die den Markt bewegen könnten. Um 11 Uhr MESZ wird die Inflationsrate im Euroraum publiziert. Die Erwartungen liegen bei 2,1 % für den August nach 2,0 % im Juli. Aus den USA soll der ISM-Index für das verarbeitende Gewerbe Auskunft über die Industriekonjunktur im August geben. Erwartet wird ein Anstieg von 48,0 auf 48,8. Das wäre ein Zeichen einer gewissen Belebung, aber auch damit läge der Indikator noch in der Kontraktionszone von weniger als 50 Indexpunkten.