Zollausnahmen für US-Agrarimporte
Am Freitag kündigte Washington an, die Zölle auf über 200 Agrarprodukte wie Kaffee, Tee, Rindfleisch und Tomaten von den Anfang April verhängten reziproken Zöllen auszunehmen. Politisch ist dies der Versuch, nach den verlorenen Regionalwahlen dem Unmut der Bevölkerung wegen der hohen Inflation bei Nahrungsmitteln zu begegnen. So lagen die Preise für Rindfleisch im September auf Jahressicht beispielsweise um fast 15 % höher, jene für Kaffee stiegen um 19 %. Wie stark die jüngsten Maßnahmen den Preisanstieg aber tatsächlich dämpfen, ist fraglich. Denn im Fall von Brasilien, einem der wichtigsten Exporteure von Fleischprodukten in die USA, bleibt der im Juli verhängte Strafzoll von 40 % weiterhin in Kraft. Entscheidend wird zudem sein, in welchem Umfang die US-Handelskonzerne die nunmehrige Zollsenkung an die Konsumenten weitergeben werden.
Eine vorläufige Einigung wurde am Wochenende auch mit der Schweiz verkündet. Das südliche Nachbarland konnte nach langer Phase der Unsicherheit nun ebenfalls eine Senkung der US-Zölle auf 15 % (von bisher 39 %) erreichen. Damit ist man den EU-Staaten gleichgestellt. Neben Maschinenbau und Elektrotechnik sollte vor allem die Schweizer Uhrenindustrie von dem Abbau der Handelsbarrieren profitieren. Wie bedeutsam die jetzige Entspannung für die Schweizer Wirtschaft ist, zeigt eine Auswertung des KOF Instituts der ETH Zürich. Demnach könnte das Bruttoinlandsprodukt infolge der Zollsenkung um 0,3 % bis 0,5 % höher liegen als unter dem vorherigen US-Zollsatz. Fragen werfen aber die - teils unkonkret formulierten - Gegenleistungen der Eidgenossen auf. Denn neben den üblichen Konzessionen (u. a. die Reduktion der Zölle auf US-Produkte sowie Investitionszusagen Schweizer Firmen) scheint Washington nach Berichten der NZZ auch auf mehr Waffenkäufe, die Angleichung von Standards (u. a. bei der Fahrzeugsicherheit) sowie eine engere Kooperation bei Exportkontrollen und Sanktionsregimen zu drängen. Die genaue Ausgestaltung der jetzigen Vereinbarung könnte somit noch für Spannungen sorgen.
China: Anhebung der Wachstumsprognose für 2026
Der vor zwei Wochen vereinbarte Handelsdeal zwischen den USA und China kommt für die chinesische Wirtschaft zur richtigen Zeit. Die am Freitag veröffentlichten Wirtschaftsdaten für Oktober bestätigten die anhaltende Schwäche der Binnennachfrage - insbesondere bei Investitionen, im Einzelhandel und auf dem Immobilienmarkt. Die Senkung der US-Fentanylzölle von 20 % auf 10 % sorgt zugleich für eine spürbare Kostenentlastung chinesischer Exporteure und verringert den Wettbewerbsnachteil gegenüber wichtigen Konkurrenten wie Japan, Korea und Vietnam deutlich. Zwar dürften Chinas Ausfuhren in die USA auch 2026 weiter zurückgehen, jedoch weniger stark als bisher prognostiziert.
Angesichts der schwachen Wirtschaftsentwicklung und der ambitionierten Wachstumsziele im neuen Fünfjahresplan (welcher ein Durchschnittswachstum von 4,5 % p.a. über die kommenden fünf Jahre anstrebt) rechnet die LBBW zudem mit einer Ausweitung fiskal- und geldpolitischer Maßnahmen in den kommenden Monaten. Neben Investitionen in den Energiesektor und Projekte zur Stadterneuerung erwarten die Analysten der LBBW zusätzliche Anreize zur Förderung privater Investitionen in Chinas Zukunftsindustrien - darunter Halbleiter, Biotechnologie und digitale Infrastruktur. Insgesamt heben sie ihre BIP-Prognose für 2026 um 0,3 Prozentpunkte auf 3,5 % an. Gleichwohl bleibt die Landesbank Baden-Württemberg weiterhin skeptisch, was das tatsächliche Wachstumsniveau der chinesischen Wirtschaft betrifft. Für die Weltwirtschaft erhöht sich in Folge deren Wachstumsprognose von 2,7 % auf 2,8 %.
Aus Japan wurde heute Morgen ein Rückgang des BIP-Wachstums in Q3 um -0,4 % (q-q) gemeldet. Das Minus wurde jedoch aufgrund des starken Wachstums in Q2 erwartet.