Die Demokraten und Republikaner im US-Repräsentantenhaus haben sich immer noch nicht auf einen Haushalt geeinigt. Sollte dies nicht in letzter Minute noch gelingen, gehen die Vereinigten Staaten am nächsten Montag in den Regierungsstillstand. Die US-Behörden bereiten sich schon darauf vor, Teile ihrer Belegschaft in den unbezahlten Zwangsurlaub zu schicken. Aber keine Sorge: Die Bedienung der US-Staatsanleihen wird gesichert sein. Die Ökonomenzunft wird indes ggf. darunter leiden müssen, dass die US-Behörden keine Konjunkturnachrichten mehr veröffentlichen.
Im Zuge der Zinserhöhungen der EZB - zuletzt Mitte September um 0,25 Prozentpunkte - und der schleppenden Konjunkturentwicklung verlangsamte sich das Wachstum der Kreditvergabe an Unternehmen im Euroraum weiter. Viele Unternehmen halten sich aktuell mit Investitionen zurück, zumal die Kreditkosten deutlich gestiegen sind. Im Vergleich zum Vorjahresmonat reichten im August die Banken nur noch 0,6 % mehr Darlehen an Firmen aus, wie die EZB gestern mitteilte. Das ist das kleinste Plus seit Ende 2015. Im Juli lag das Wachstum noch bei 2,2 %. Da im aktuellen Preis-, Konjunktur- und Zinsumfeld die Gefahr von Unternehmensinsolvenzen und Kreditausfällen zunimmt, agieren die Banken zunehmend vorsichtiger bei der Kreditvergabe.
Besser läuft es aktuell bei Neuemissionen von Corporate Bonds in der EUR-Währung. Der positive Trend nach dem sehr schwachen Vorjahr setzte sich auch im September fort. Die Unternehmen haben seit Jahresanfang ein Volumen von rund 275 Mrd. Euro an neuen Anleihen platziert. Damit konnten sie bereits nach drei Quartalen das Volumen des Gesamtjahrs 2022 übertreffen (266 Mrd. Euro). Besonders aktiv am Bondmarkt waren in der vergangenen Woche Konzerne aus Deutschland: Die Deutsche Börse begab drei Anleihen über insgesamt 3 Mrd. Euro, VW platzierte drei Bonds über 2 Mrd. Euro und Bayer emittierte zwei Hybridanleihen über 1,75 Mrd. Euro.
Zum Start in den heutigen Tag wird um 8 Uhr das GfK Konsumklima für Deutschland veröffentlicht. Aus Übersee folgen am Nachmittag vorläufige Daten zu den US-Auftragseingängen für langlebige Güter. Nach dem deutlichen Rückgang im Juli von -5,2% ggü. dem Vormonat wird für den August keine Erholung erwartet. Die gestrigen Verluste an den US-Börsen wurden von einem weiteren Anstieg des Volatilitäts-Index (VIX) begleitet, der das höchste Niveau seit Mai erreichte. Laut den Aktien-Futures dürften die Märkte heute zunächst vorsichtig beginnen.
US-Zahlen dominieren den heutigen Tages-Kalender. Es werden Daten zum Bausektor und den Wohnimmobilien gemeldet, außerdem der monatliche Index des Konsumentenvertrauens in der Lesart des Conference Board, für das eine Belebung erwartet wird.
In den USA bahnt sich zudem ein neuer Schuldenstreit an. Bis Ende September müsste der US-Kongress einen neuen Haushaltsentwurf verabschieden. Danach sieht es im Zeichen des langsam anrollenden Vorwahlkampfs (Ende 2024 finden Präsidentschaftswahlen statt) nicht aus. Eine neue Haushaltssperre droht, wenn nicht wenigstens ein Überbrückungshaushalt beschlossen wird. Als Konsequenz könnten öffentliche Einrichtungen geschlossen und die Angestellten des Bundes in einen Zwangsurlaub geschickt werden.
Mit den Zahlen zu den Neubauverkäufen am morgigen Dienstag sowie den Daten zu den schwebenden Hausverkäufen am Donnerstag endet zudem die August-Runde zur Verfassung des US-Immobilienmarkts. Die hierzu bereits vorliegenden Daten ließen die bestehenden Sorgenfalten keineswegs verschwinden. Gewiss, dass die Baugenehmigungen im August um fast 7% höher lagen als im Juli ist ein Statement. Verglichen mit dem Zyklushoch ist dies jedoch noch immer ein Abschlag um 21%. Im Gegenzug fielen jedoch die Neubaubeginne im August um mehr als 11% niedriger aus als noch im Monat davor. Und auch die Verkaufszahlen bei bestehenden Häusern lagen um 1% niedriger als im Juli. Am meisten Sorge bereitet jedoch der erneute Rückgang des NAHB-Index. Nachdem der Frühindikator für den US-Immobilienmarkt zuvor sieben Monate am Stück gestiegen war, sank er nun wieder den zweiten Monat in Folge - und fällt damit so niedrig aus wie zuletzt im April diesen Jahres.
Zum ersten Mal seit 2007 überwand die Rendite der 10-jährigern US-Staatsanleihe kurzzeitig die Marke von 4,50%. Die Rendite deutscher Staatsanleihen 10-jähriger Laufzeit erreichten im gestrigen Tagesverlauf kurzzeitig ihren höchsten Stand seit dem Jahr 2011. Den Aktienmärkten schmeckte der Anstieg der Renditen nicht. Der DAX schloss 1,3 % tiefer. Für den S&P 500 ging es kräftige 1,6 % abwärts auf den tiefsten Stand seit dem Juni. Die Finanzmärkte dürften heute vor allem auf die Vorabveröffentlichungen der Einkaufsmanagerindizes in Europa und den USA schauen.
Die brasilianische Zentralbank hat ihren Leitzins zum zweiten Mal in Folge um einen halben Prozentpunkt gesenkt und signalisierte, dass sie das Tempo der geldpolitischen Lockerung zumindest bis zum Jahresende beibehalten wird. Wie im Vorfeld der Tagung erwartet, wurde der Leitzins einstimmig auf 12,75 % reduziert. Als Grund hierfür wurde ein deutliches Nachlassen der Teuerungsrate im Dienstleistungssektor genannt. Auch die türkische Zentralbank entscheidet heute über eine Neuadjustierung ihres Leitzinses. Im Vorfeld dieser Tagung erwarten Volkswirte im Mittel eine Erhöhung um 5 Prozentpunkte auf 30 %. Seit dem Ende der Wahlen am 30. Mai wurde der Leitzins von 8,5 % auf aktuell 25 % erhöht. Im August kletterte die Inflationsrate um 9,1 Prozentpunkte auf 58,9 %. Die Kerninflation, ohne Energie und Lebensmittelpreise, war mit 64,9 % noch höher. Im Wettlauf mit der Inflation wird am Markt nicht nur dieser Zinsschritt von der türkischen Zentralbank, sondern bis Jahresende weitere Leitzinsanhebungen erwartet.
Das Wohnungsbaugeschäft in den USA hat sich im August überraschend deutlich abgeschwächt. Die Zahl der neu begonnenen Projekte fiel hochgerechnet auf das gesamte Jahr um rd. 11% auf 1,283 Mio., wie das U.S. Census Bureau gestern mitteilte. Im Gegensatz dazu legte die Zahl der Baugenehmigungen, ein Indikator für das künftige Baugeschehen, im August um rd. 7% auf annualisiert 1,543 Mio. zu. Ein Faktor, der das Baugeschäft aktuell mehr denn je belastet, sind die bisherigen Fed-Zinserhöhungen, wodurch die Hypothekenkredite teurer geworden sind.
Das wichtigste Ereignis in dieser Woche ist das heutige FOMC-Meeting der US-Notenbank Fed. Die wieder gestiegenen Energiepreise sowie die nach wie vor robuste US-Konjunktur - insbesondere der noch starke US-Arbeitsmarkt - dürften den US-Währungshütern Kopfzerbrechen bereiten. Trotzdem ist es sehr wahrscheinlich, dann die amerikanische Zentralbank ihr Tagesgeldzielband heute unverändert bei 5,25% - 5,50% belassen.
Eine Feinunze des Industriemetalls Platin wird derzeit bei 930 US-Dollar gehandelt. Damit liegt der aktuelle Preis knapp 13 % unter dem Jahresschlusskurs 2022. Dies, obwohl die weltweite Nachfrage im zweiten Quartal 31 % über der des Vorjahrs lag. Zu den Käufern gehörten vor allem die Automobilindustrie sowie die industrielle Verarbeitung, die jeweils 19 % und 12 % mehr nachfragten. Auch die Nachfrage nach börsengehandelten, mit physischem Platin hinterlegten Produkten stieg auf ein Dreijahreshoch. Der WPIC erwartet zwar einen weiteren spürbaren Anstieg der Nachfrage in den kommenden Jahren. Mittelfristig könnte das schon bald zu einer Preisstabilisierung führen bzw. einen neuen Aufwärtstrend einleiten.
In toto dürften obige Zahlen den US-Währungshütern durchaus gewisses Kopfzerbrechen bereiten. Schließlich müssen jene auf ihrer morgen startenden und am Mittwoch endenden Sitzung entscheiden, ob sie den US-Leitzins ein weiteres Mal nach oben schleusen oder die Füße lieber stillhalten und eine abwartende Position einnehmen werden. Die LBBW erwartet letzteres. Aber einfach dürfte Powell & Co. diese Entscheidung nicht fallen. Eine schwächelnde Konjunktur würde die US-Inflation wohl automatisch nach unten bringen. Die - wie obige Daten zeigen - nach wie vor robuste Verfassung der US-Wirtschaft tut dies jedoch nicht. Daher besteht das Risiko, dass der Kampf gegen die Inflation trotz einer ganzen Serie an Leitzinserhöhungen noch nicht vollends gewonnen ist. Schließlich ist die Fed noch keineswegs am Ziel.
Aber nicht nur die Währungshüter der Federal Reserve treffen sich in dieser Woche: Für Mittwoch sind zudem die Sitzungen der Schweizer Nationalbank sowie der Bank of England terminiert. Und am Freitag tagt die Bank of Japan. Zuletzt sorgte der japanische Notenbank-Gouverneur Kazuo Ueda für Furore, indem er durchblicken ließ, dass die japanischen Währungshüter aktuell über einen behutsamen Ausstieg aus der dort immer noch ultra-lockeren Geldpolitik nachdenken würden.
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